Moringer Geschichte(n) - Moringer Familien

Das Stadtgut in Moringen

Artikel in der "Moringer Zeitung" v. 30.07.66
Das Stadtgut in Moringen
Es hatte viele Besitzer, ehe es zum Rittergut der Münchhausens wurde.

Moringen - Eines der ehemaligen adeligen Güter war das "Stadtgut". Es war aus der Verlegung der Gutssiedlung Dentissen entstanden, die mit dem Vorwerk Stenneberg am östlichen Teil des Moringer Waldes lag und dem Kloster Lippoldsberg gehörte. Die Gebäude von Dentissen und Stenneberg sind vermutlich in den Wirren des 12. Jahrhunderts zerstört, der Gutshof ist dann in den Schutz der Stadt Moringen verlegt worden. Die alten Gutslagen wurden zu Wüstungen, die Ländereien blieben bis zur Verkopplung im Jahre 1867 bei dem Gut, daß im Gegensatz zum Gut im Oberdorf das "Stadtgut" genannt wurde.

Nach der Aufhebung des Klosters Lippoldsberg wurde das Stadtgut an Carl von Kitscher (gest. 1612) und an seine Söhne verkauft. Diese veräußerten es weiter an Hans von Hagen, nach dessen Tode das Gut an den Landesherrn gefallen sein soll. Kurze Zeit wurde es von einem Amtmann Blymann bewirtschaftet, dann erwarben es etwa 1639 Christoph und Christian Heinrich von Mellin. Deren Söhne verkauften das Stadtgut an Johann Friedrich von Bülow und Frau Sybille, geborene von Zerbst, die es 1672 an den Drost von Cornberg für 800 Rthl. weitergaben. Im Jahre 1689 wurde Johann Adolf von Cornberg auf dem Gut genannt, 1690 verkaufte Sigismund von Cornberg das Besitztum für 600 Rthl. an Christian Wilhelm von Grote. Dieser erwarb 1691 die Gruft unter dem Martinikirchturm als Familien-Erbbegräbnis. 1730 verkaufte die Familie von Grote das Stadtgut an den Amtsschreiber Seidensticker, dessen Erben es im Jahre 1739 dann an den Landdrost Börries von Münchhausen für 5800 Rthl. verkauften.

Damit begann auf dem Stadtgut die Herrschaft der Familie von Münchhausen. Nach dem großen Brande von 1734 wurde das Stadtgut aus dem Mittelpunkt des Ortes an den damaligen Stadtrand, an das Nordufer der Moore verlegt. 1757 kaufte die Familie von Münchhausen Ländereien des "Mühlengutes" hinzu, im Laufe der Jahre noch manchen Lehenshof, dazu 1771 das Gut Oberdorf von der Familie Herbst. Die vereinigten Güter wurden vom neuen Hof des Stadtgutes aus bewirtschaftet. Zu dem Stadtgut gehörten noch 12 Afterlehen, die unter der Herrschaft des Landschaftsrates Albrecht Friedrich von Münchhausen (1798-1880) abgelöst wurden. Afterlehen vom Stadtgut in Moringer hatten die Bruns, Cörber, Düvel, Lange, Pflugmacher, Piepenbrink, fünf Schoppen und Steinhof.

Das Herrenhaus des Stadtgutes an der Langen Straße stammt aus den Jahren 1735/38. Es wurde nach den vom Landdrosten eigenhändig gezeichneten Plänen gebaut und vom Landschaftsrat Albrecht Friedrich von Münchhausen um eine Zimmerlänge nach Norden erweitert. Früher zierte das Haus eine steinerne Doppelfreitreppe wie gegenüber am Landesfürsorgeheim, sowie ein Balkon mit schöne Eisengittern. Beides mußte später zugunsten der Straßenführung entfernt werden. Den Platz der alten Haustür kann man noch an der Straßenfront erkennen. - Durch den Zukauf von Ländereien und des Oberdorfer Gutes war eine Vergrößerung der Wirtschaftsfläche auf dem Stadtgut erforderlich. Dies konnte nach Erwerb des ehemaligen, seit 1716 bestehenden "Kohlen-und Eisensteinhofes", der vormals dem Bergamt Clausthal, später der Stadt Moringer gehörte, geschehen. Der alte Kohlenhof reichte von der Moore bis an die Nienhagener Straße.

Der Landdrost Börries von Münchhausen verstarb 1773, und der Besitz wurde unter den Söhnen geteilt. Börries Anton Christian (1745 bis 1829) erbte das Gut Oberdorf und das Gut Parensen, sein Bruder Adolf das Stadtgut. Als der Bruder Adolf 1816 starb, kam auch das Stadtgut an Börries Anton Christian, der von Parensen aus die Verwaltung der drei Güter selbst führte, bis er sie zu Lebzeiten, 1826, an seine Söhne weitergab. Von diesen Söhnen starb Börries Wilhelm im Jahre 1849 im Alter von 55 Jahren unverheiratet, und Albrecht Friedrich von Münchhausen war praktisch von 1826 an Gutsherr. Unter seiner Leitung wurden die Güter entschuldet und durch Zukauf sowie Neubauten vermehrt. 1867 wurde von ihm die Verkopplung durchgeführt. Er starb 1880 und wurde im Turm der Martinikirche beigesetzt.

Erbe des Gutes war sein Sohn Börries Ernst Victor (1845-1931). Auch er vermehrte das Besitztum der Familie. So erwarb er das im Sächsischen gelegene Gut Windischleuba, das in der Folge zum ständigen Wohnsitz der Familie wurde. Auf das Gut Monaten kam ein Pächter; die Familie von Münchhausen kam nur besuchsweise nach Moringen, wo im Herrenhaus an der Langen Straße stets einige Zimmer für sie bereitstanden. - Zum Moringer Gut gehörten jetzt etwa 403 Hektar Land.

Der Sohn von Börries Ernst Viktor, Börries von Münchhausen (1879-1945), ist als Balladendichter berühmt geworden, wie ja viele Mitglieder der Familie in den Jahrhunderten Wissenschaftler und Künstler von Rang waren. Der Großsohn Börries (1904-1934), Dr. phil und Dipl.-Landwirt, sollte die Erbfolge in Moringen antreten. Aber er fiel, 29 Jahre alt, am 10.1.1934 einem Autounfall zum Opfer. In der Todesanzeige hieß es noch: Herr auf Moringen und Oberdorf. Seine Stiefgeschwister erbten die von Münchhausenschen Güter, Dr. Crusius das Gut Parensen, Frau Charlotte von Katte, geb. Crusius, das Gut Moringen.1590 verkaufte sie dieses zum Zwecke der Aufsiedlung an die Niedersächsische Landgesellschaft.

Pächter des von Münchhausenschen Rittergutes Moringen waren von etwa 1873 bis 1903 der Ökonom Carl Schmidt, bis 1934 sein Sohn Friedrich Schmidt, geb. 19.7.1873, gestorben 13.1.1934. Bis zur Aufsiedlung hatte dann Landwirt Hermann Busch aus Höckelheim das Rittergut Moringen, das alte Stadtgut, den Besitz der Münchhausens, in Pacht.

Nach der Aufsiedlung 1950/51 wurde das Herrenhaus von der Stadt Moringen als Rathaus übernommen; der sich an der Moore entlang erstrecken Pferdestall wurde zu einem Kino und einer ärztlichen Praxis umgebaut. Aus dem Hofmeisterhaus wohnte für 14 Jahre ein Textilgeschäft, aus den übrigen Wirtschaftsgebäuden das Feuerwehrgerätehaus und Fabrikanlagen. Aus dem Gutshof wurde der Rathausplatz.

(Nach Aufzeichnungen von Dr. Niels Krack)


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