Moringer Geschichte(n) - Moringer Familien

Moringer Dreschschuppen

Artikel in der "Moringer Zeitung" v. 13. 08. 66:
... es ändert sich die Zeit
Ein Stück Moringer Geschichte fiel mit dem Dreschschuppen

M o r i n g e n • Am Mittwochmorgen begann man, den alten Honigschen Dreschschuppen auf dem Pfingstanger abzubrechen; Donnerstag gegen Abend stürzte das letzte Gerüst zusammen. Mit diesem Abbruch ist gleichsam ein Stück Zeit- und Entwicklungsgeschichte in Moringen beendet.

Als der Schlossermeister Carl Honig im Jahre 1889 das Haus Lange Straße jetzt Nr. 47 erwarb, richtete er dort eine Schlosserwerkstatt ein, kaufte eine Dreschmaschine mit Lokomobile, baute auf dem Pfingstanger einen großen Schuppen und begann mit dem Lohndrusch. Über diesem Fortschritt waren die Moringer Bauern hell begeistert. Es ist kaum auszurechnen, wieviel Zentner Getreide im Laufe der seitdem vergangenen 76 Jahre auf dem Pfingstanger unter dem Schuppendach ausgedroschen wurden. Vom Morgengrauen bis in die Nacht hinein brummte in der Erntezeit die Dreschmaschine auf dem Pfingstanger ihr eintöniges, aber gern gehörtes und jetzt direkt vermisstes Lied, Symbol der Ernte in vielen Jahrzehnten.

Honigs arbeiteten im Laufe der Jahre mit drei Dreschmaschinen und fuhren zum Lohndrusch auch auf die Nachbardörfer. Als 1928 der Sohn Ludolf den väterlichen Betrieb übernahm, wurden Elektromotoren angeschafft, nur eine Dreschmaschine lief noch mit der Lokomobile.

Die Konjunktur änderte sich, als viele landwirtschaftlichen Betriebe ihre eigenen Dreschmaschinen anschafften oder sich zu Dreschgenossenschaften zusammen-schlossen. Der Lohndrusch lohnte sich immer weniger. Da stellte man sich 1956 auf Mähdrescher um, was während dreier Jahre ein voller Erfolg war. Aber auch hier nahm die Entwicklung ihren Lauf: die Landwirte kauften sich eigene Mähdrescher. Damit kam der Lohndrusch ganz zum Erliegen. Frau Honig, die nach dem Tode ihres Mannes den Betrieb mit ihrem Sohn Reinhard weiterführte,hat diesen vor einigen Wochen abgemeldet. Die alten Maschinen konnten nur verschrottet werden.

"Das Alte stürzt, es ändert sich die Zeit und neues Leben blüht aus den Ruinen", heißt es bei Schiller. Auch hier ist jetzt das Alte gestürzt, da sich die Zeit geändert hat. Der Enkel Carl Honigs, Reinhard Honig, der vor einigen Jahren den großen Mähdrescher fuhr, betreibt zur Zeit einen Lebensmittelgroßhandel. Daneben aber studiert er Gesang am Konservatorium der Musik in Göttingen, und zwar mit Erfolg. Er hat einen anerkannt guten Tenor und schon bei Veranstaltungen seiner Gesangsklasse in der Stadthalle Göttingen, in der Festhalle Weende und im Kurhaus Norderney gesungen, Opernarien von Beethoven, Mozart, Weber u. a. In einer Kritik wird über Reinhard Honigs schmiegsame und doch kräftige Stimme geschrieben, der auch die Höhe keine Schwierigkeiten bereitet. - So geht man in der alten, in Moringen schon Hunderte von Jahren ansässigen Familie Honig neue Wege, und man kann nur besten Erfolg wünschen.


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