Moringer Geschichte(n) - Moringer Familien

Die Hagenbergsmühle im Spiegel des letzten Jahrhunderts

Artikel in der "Moringer Zeitung" v. 20. 03. 67:
Die Zeiten und die Mühlen
Die Hagenbergsmühle im Spiegel des letzten Jahrhunderts

M o r i n g e n - Die Erbenzinsmühle am Hagenberg war noch 1817 im Alleinbesitz der Witwe Dorothee Becker (Stammblatt s. u.).  Sie muß eine tüchtige Frau gewesen sein, denn als sie 1844 starb, hinterließ sie ihren Kindern ein beträchtliches Vermögen. Die Mühle erbten ihre beiden Söhne Friedrich und Heinrich. Aber schon nach zwei Jahren trennten sich die Brüder in aller Güte. Heinrich blieb in der Mühle. In seine Zeit fällt die Ablösung des Mühlenbannrechts der Gemeinde Behrensen und die Ablösung des Erbenzinsrechts durch das Amt Moringen.

Die Hagenbergsmühle hatte über die Gemeinde Behrensen das Mühlenbann- oder Zwangsrecht, d. h. die Einwohner waren gezwungen, ihr Korn in der Hagenbergsmühle zu Moringen mahlen zu lassen. Im Jahre 1852 aber erließ "Georg der Fünfte, von Gottes Gnaden, König von Hannover, Königlicher Prinz von Großbritannien und Irrland, Herzog von Kumberland, Herzog zu Braunschweig und Lüneburg unter Zustimmung Unserer getreuen allgemeinen Ständeversammlung" ein Gesetz über die Ablösung oder Auflösung von Bannrechten und ausschließlichen Gewerberechten. Daraufhin beantragte die Gemeinde Behrensen im Jahre 1856 die Auflösung des Mühlenbannrechtes.

Der erste Termin war am "Mittwochen, den 19. d. Mts. 10 Uhr vor hiesiger Ablösungs-Commission", nämlich im März 1856. Danach ist ein weiterer Termin anberaumt, am 20. Juni 1856. Drei Sachverständige müssen ein Gutachten abgeben, es vergeht ein Jahr, Freitag, den 14. August 1857, ist ein Termin mit den Gutachtern. Der entscheidende Tag ist dann der 6. Oktober 1857. Es kam ein Vergleich zustande: "Die Gemeinde Behrensen zahlt für Aufhebung des der alten Hagenbergsmühle zustehenden Mühlenrechts ein Capital von 250 Reichsthalern. Gezahlt wird dieses Ablösungs-Capital von 250 rthl. Courant an den Hagenbergsmüller Heinrich Becker am 1. Mai 1858. Bis dahin bleibt das Mühlenbannrecht noch fortbestehen und wird erst mit der Einzahlung des gedachten Ablösungs-Capitals an den Provocanten Becker für ewige Zeiten aufgehoben. Dagegen räumt die Gemeinde Behrensen dem jeweiligen Besitzer der Hagenbergsmühle ausdrücklich die Befugnis und das Recht ein, seinerseits von Einwohnern aus Behrensen statt des bisherigen 18. Theils von Aufhebung des Bannrechts an den 16. Theil des Mahlguts als Vergütung für das Vermahlen der Frucht in Anspruch nehmen und beziehen zu dürfen."

Aber Heinrich Becker bekam die 250 Taler nicht. Die "Domainen-Cammer" in Hannover erhob darauf als Erbenzinsherrschaft Anspruch, und indem sie dem Hagenbergsmüller den "jährlichen Canon" um 10 Taler ermäßigte, forderte sie die Gemeinde Behrensen auf, die 250 Taler an die Amtskasse zu zahlen.

Im Jahre 1874 kommt es dann zur Ablösung des Erbenzinses. Zuerst verkauft die "Königliche Finanz-Direction Abtheilung für Domainen in Hannover" an den Müller Heinrich Becker die ihm nach dem Pachtvertrage vom 23. September 1862 verpachteten fiskalischen Grundstücke, die Amtsmeiereiländereien. Dann kam es im Mai 1875 zum Ablösungsprozeß für die Mühle. Zu zahlen war der zwanzigfache Betrag des Jahreswertes. Abgelöst werden der Grundzins und alle Gefälle, also alle Verpflichtungen dem Amt Moringen gegenüber. Stichtag ist der 1. Juli 1875. Bis dahin bleibt aber die Verpflichtung des Erbenzinsmüllers zum "mattenfreien Mahlen und Schroten für den Amtshaushalt in Moringen" fortbestehen. Am 31. Mai 1875 hat sich der Erbenzinsmüller Heinrich Becker zur Vorlegung und Vollziehung des Ablösungs-Rezesses vor dem Commissarius der Königl. Finanzdirection einzufinden. "Nachdem ihm der Rezess langsam und deutlich vorgelesen ist, genehmigte er denselben in allen Punkten", heißt es in der Akte. - Die Hagenbergsmühle war nun völlig Privatbesitz der Familie Becker geworden.

Heinrich Becker übergab dann noch 1875 die Mühle seinem Sohn Wilhelm, der eine geborene Berlin aus Thüdinghausen freite. Witwe geworden, ehelichte sie 1898 den Müller Ludwig Körber. Sie überlebte auch ihn und starb im März 1930. Mühle und Landwirtschaft blieben in der Familie Becker. In der Neuzeit aber überlebte die alte Mühle das allgemeine Mühlensterben nicht. Mitte des vorigen Jahrzehnts blieb das eiserne Mühlenrad am Fuße des Hagenberges, dort, wo sich Flaake und Moore treffen, stehen. Die Epoche der Moringer Mühlen ist, wie die Zeit der kleinen Mühlen überhaupt, zu Ende.


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