Moringer Geschichte(n) - Moringer Familien

In der alten Grabengasse

Artikel in der "Moringer Zeitung" v. 28. 05. 66:

In der alten Grabengasse
Ein Stück Vergangenheit am Moringer Stadtrand blieb lebendig.

M o r i n g e n - Der schmale Weg, der sich am Ortsrande Moringens von der Mannenstraße aus an den Resten der alten Stadtmauer vorbei bis nach der Hagenbergstraße windet, übt auf jeden, dem er nicht eine tägliche Gewohnheit ist, einen eigenen Zauber aus. Von der alten Stadtmauer Moringens ist ja nicht viel erhalten. Ein Teil zieht sich noch zwischen den Hintergebäuden der Neuen Straße und den Wirtschaftsgebäuden der ehem. Domäne hin, ist also nur von den Anliegern zu sehen. Der andere noch erhaltene Teil hinter der östlichen Häuserreihe der Mannenstraße, bildet die Romantik der Grabengasse.

Bis vor etwa 30 Jahren schäumte das Mühlenwasser, unter der Mannenstraße hervorkommend, am Anfang der Grabengasse über das große Mühlenrad am Hause Brauns, das, wie viele alte Moringer Mühlenräder, verschwunden ist. Man hört das Mühlenwasser nur in der Tiefe des Grabens rauschen; es fließt unter der Gasse her und eilt durch einen Grasgarten der Deichwallsmühle zu.

Die Grabengasse führt nun in leichten Windungen zwischen Gärten hindurch, die ihrer guten Böden und geschützten Lage wegen als besonders fruchtbar gelten. Die Gärten an der Rückfront der Mannenstraße stoßen da die Reste der 1439 zu Schutz und Wehr Moringens aus Feldsteinen erbaute Mauer, und der Name Grabengasse deutet wohl darauf hin, daß sich um die Stadtmauer noch ein tiefer Graben zog. Abseits des lauten Durchgangsverkehrs ist hier ein Stück Vergangenheit lebendig geblieben.

An einer Biegung, an der sich die Grabengasse verbreitert, wird der Blick nach Süden frei. Hier überquert der Weg einen weiteren Wasserlauf Moringens. Von der Kellersmühle (= Nickelsmühle) her kommt durch die Gärten die Specke geflossen, in die sich in der Nähe des Amtsgerichts schon der Wendekessel ergossen hat. Eine Sandsteinplatte bildet die kleine Brücke über den Bach, und wieder bieten sich dem Beschauer landschaftliche Idylle. Auch der Helm des Kirchturms schaut hier in seinem graublauen Schiefergewande zwischen Dächern und grünen Bäumen herüber und wirkt überraschend nahe und sehr malerisch.

Das Ende der Grabengasse wird dort, wo sie auf die Hagenbergstraße stößt, von schönen alten Bäumen beschattet, die in dem Garten des einst Wagemannschen Grundstücks stehen. Das vor etwa 75 Jahren von Pastor Dr. Wagemann erbaute Haus war ein sehr gastfreies Heim mit internationalen Beziehungen, und es herrschte einst reges gesellschaftliches Leben am Rande der Grabengasse.

Es erübrigt sich eigentlich, noch zu bemerken, daß auch die heutige Jugend an lauen Sommerabenden mit oder ohne Mondenschein die alte Grabengasse für stille Spaziergange zu schätzen weiß.


Überarbeitung:

Powered by CMSimple| Template: ge-webdesign.de| html| css| Login