Moringer Geschichte(n) - Moringer Familien


Kidnapping auf der Weper

Kidnapping auf der Weper
oder „Wie Nienhagen zu seiner Kapelle kam“

Von Wilfried Hartje,

geschrieben für den Gemeindebrief

Dezember 2006

 

Es war vor vielen hundert Jahren, als sich der stolze Ritter Benno aus dem Geschlecht der Hardenberger, für einige Zeit in Fredelsloh aufhielt: Unter den Nonnen des Klosters war eine Jungfrau, die es mit ihrer Schönheit dem Ritter angetan hatte. Er warb um sie, aber vergebens. Da sie ihr Gelübde nicht brechen wollte, sann er auf ein Mittel, sie heimlich auf seine Burg ins Leinetal zu entführen. Tagelang lauerte er ihr im Verborgenen auf, aber immer fand sich keine Gelegenheit, ihrer habhaft zu werden. Wohlweislich vermied er auch, sich vor der Nonne sehen zu lassen. Diese glaubte, der Ritter sei von dannen geritten und weile auf der heimatlichen Burg. Nichts Böses ahnend betrat sie an einem schönen Morgen allein den nahen Hainberg, auf dessen Höhe, dem heutigen Schützenplatze, inmitten eines dichten Gebüsches ein Kreuz stand. Vor diesem hatte sie schon manches Mal gekniet und ihre Gebete gesprochen. So wollte sie es auch an diesem Morgen tun. Aber auch dieses einsame Plätzchen hatte der Ritter sich ausersehen, um die holde Jungfrau zu entführen. Sein treues Pferd hatte er nicht weit davon an einen Baum gebunden.

Kaum hatte sich die Jungfrau vor dem Kreuze niedergelassen, als es neben ihr im Gebüsch rauschte. Erschreckt blickt sie auf und sieht den Ritter vor sich stehen. An ein Entrinnen war nicht zu denken, obgleich sie es versuchte und laut um Hilfe rief.

Schnell ergriff sie der Ritter und trug sie durch das Gebüsch zu seinem Pferde. Er nahm dann die Holde vor sich aufs Ross und jagte mit ihr auf dem schnellsten Wege im gestreckten Galopp der heimatlichen Burg zu.

Die Hilferufe der Jungfrau waren im Kloster vernommen. Alles beeilte sich, ihr Hilfe zu bringen. Doch als man an die Stelle kam, sah man niemanden mehr. Von vom Felde heimkehrenden Kindern erfuhr man, dass ein Ritter die Nonne entführt und mit ihr den Weg nach Lutterbeck zu eingeschlagen habe. Schnell sattelten einige Bewohner Fredelslohs ihre Pferde und folgten dem Entführer. In Lutterbeck aber erfuhren sie, dass kein Ritter mit einer Nonne den Ort durchritten habe. Traurig zogen die Verfolger nach Fredelsloh zurück und erzählten von ihrem Misserfolg.

Ritter Benno hatte bald nach dem Begegnen mit den Kindern die Straße Fredelsloh - Lutterbeck verlassen und einen südlich auf die Weper führenden Weg eingeschlagen. Zuerst jagte er im gestreckten Galopp auf einem moosigen Waldweg die Höhe hinauf. Als er sich aber nicht verfolgt sah, ließ er das Pferd langsam gehen.

Ab und an rief die Nonne zu Gott: "Herr, hilf mir aus den Händen dieses Entführers!" Der Ritter redete ihr liebevoll zu; aber sie wollte nichts von ihm wissen. So gelangten sie an die Stelle, wo jetzt die Nienhagener Kapelle steht und der Weg durchs Gebüsch führte. Noch einmal rief sie aus tiefstem Herzensgrunde: "Herr hilf mir!" Diese Worte hörte ein gerade hinter einem Busch sitzender alter Schäfer. Dieser, eine ehrwürdige Erscheinung mit langem weißen Barte und herabwallenden Haaren, sprang schnell auf und trat vor den Busch. Durch die plötzliche Erscheinung erschrak nicht nur der Ritter, sondern auch das Pferd desselben stutzte. Durch den plötzlichen Ruck rutschte die Nonne vom Pferde herunter und fiel auf die Erde. Das Pferd aber ging mit seinem Reiter durch. Der Ritter selbst glaubte, der Herrgott sei ihm erschienen und ritt so schnell wie irgend möglich seiner Burg zu.

Nachdem sich die Jungfrau von ihrem Schrecken erholt und durch Speise und Trank gestärkt hatte, begleitete sie der alte Schäfer auf einem bequemeren Wege nach Fredelsloh zurück. Groß war die Freude über ihre Rückkehr und reich beschenkt kam der Schäfer nach einigen Stunden wieder in seinem Heimatdorf Nienhagen an. Den Ritter traf der Bannfluch der Kirche. Nur unter der Bedingung konnte er sich von demselben lösen, wenn er an der Stelle, wo die Jungfrau vom Pferde gefallen sei, eine Kapelle erbaue. Der Ritter unterzog sich diesem Wahrspruch. Ja, er tat noch mehr: Zur Unterhaltung der Kapelle schenkte er derselben eine große Feldbreite dicht bei ihr gelegen, die nach ihm den Namen das "Bennofeld", das heutige "Bennekenfeld", erhielt.


Gefunden habe ich diese Geschichte bei W. Bauer in den "Heimatglocken", 4. Jahrgang, 1911.

Herzlichst Ihr
 Wilfried Hartje


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