Moringer Geschichte(n) - Moringer Familien

Johann Gabriel Domeier

Artikel in den "Northeimer Neuesten Nachrichten" v. 02. 05. 67:
Erinnerung an Johann Gabriel Domeier
Vor 250 Jahren wurde der bedeutendste Bürgermeister der Stadt Moringen geboren.
Im nördlichen Neubaugebiet der Stadt Moringen, wo die Straßen die Namen ostdeutscher Städte tragen, befindet sich die Domeierstraße. Sie erinnert an den Bürgermeister Johann Gabriel Domeier, der vor 250 Jahren die Geschicke der Stadt Moringen lenkte. Vermutlich wissen nur wenige Heimatvertriebene, die in Moringen eine neue Heimat gefunden haben, dass die Wiege dieses Mannes vor 250 Jahren im deutschen Osten gestanden hat. Johann Gabriel Domeier wurde am 25.4.1717 in Barten in Ostpreußen als Sohn des dortigen Pastors Johann Friedrich Domeier geboren. Der damaligen Sitte entsprechend, erhielt er als ältester Sohn die Namen seiner beiden Großväter, des Bürgermeisters Johann Domeier in Hardegsen und des Bürgermeisters Gabriel Schwäneschuh in Bartenstein.

Die Familie Domeier stammte aus dem südlichen Niedersachsen. Aus ihr gingen eine große Anzahl von Geistlichen, Bürgermeistern, Senatoren, städtischen und staatlichen Beamten und Gelehrten hervor. Die von dem ersten Hardegser Bürgermeister Johann Domeier um 1660 verfasste Familienchronik berichtet über den Ahnherr der Familie: "Unseres Herrn Lieben Vatern Ern. Wolfgangii Domeijern Prediger des Göttlichen Wordts Eltervater hat Lüder Domeijer geheyßen. Ist bei Hertzog Heinrich den Eltern Oberbüchsenmeister gewesen wie der hochlöbl. Fürste sich in Kriegesdienst gebrauchen lassen undt ist der hochlöbl. Prinz in Westfrießland vor Groningen unserm Ureltervatern Lüder Domeiern an der seithen erschossen worden."

Die Nachkommen des Oberbüchsenmeisters traten abwechselnd in kirchliche und weltliche Dienste. Johann Domeier, der Sohn eines Gladebecker Pastors, hatte als schwedischer Leutnant nach Hardegsen geheiratet. Er wurde dort Ratsherr und 1672 im Alter von 63 Jahren noch Bürgermeister. Sein Sohn Johann und sein Enkel Christian Domeier bekleideten im 18. Jahrhundert ebenfalls den Hardegser Bürgermeisterposten.

Der anfangs genannte Johann Friedrich war zunächst Feldprediger gewesen und wurde dann 1716 Pastor zu Barten in Ostpreußen, wo Johann Gabriel als ältestes von neun Kindern geboren wurde. Schon im Alter von drei Jahren kam der kleine Johann Gabriel nach seiner späteren Wirkungsstätte Moringen, wo sein Vater von 1720 bis 1758 die erste Pastorenstelle bekleidete. Der kleine Pastorensohn wurde zunächst von seinem Vater unterrichtet und bezog 1733 das Göttinger Pädagogium, ein Jahr später die Universität Jena und kehrte 1736 zur neugegründeten Universität Göttingen zurück. Im Jahre 1738 wurde er Auditor - wir würden heute Referendar sagen - beim Amt Moringen. Drei Jahre später erhielt er durch die Vermittlung eines Onkels Schwäneschuh die Stelle eines Sekretärs beim königlich dänischen Landdrosten von Ahlefeld im Herzogtum Holstein.

Nach dem Tode des Moringer Bürgermeisters Cellarius wurde er 1748 vom Rat der Stadt zum Bürgermeister von Moringen erwählt und am 2. Mai 1748 vereidigt, Mit Tatkraft und Weitblick führte Johann Gabriel Domeier seine Stadt durch die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts. Besonders die Jahre des Siebenjährigen Krieges, in dem Moringen wiederholt von den Franzosen besetzt wurde, erforderten ein geschicktes und mannhaftes Auftreten des Bürgermeisters, um seine Stadt vor der schlimmsten Bedrängnis zu bewahren. Aber auch sonst war es eine schwere Zeit, als Johann Gabriel Domeier Bürgermeister der Stadt Moringen war. Im Jahre 1736 war die Poststraße von Hannover nach Kassel, die bisher über Moringen führte, ins Leinetal verlegt worden. Die kleinen Städte fielen immer mehr in ihrer Bedeutung zurück. So war es eine Auszeichnung, zugleich aber auch eine schwere Belastung für Johann Gabriel Domeier, als er 1763 nach Beendigung des Siebenjährigen Krieges zum landschaftlichen Deputierten der kleinen Städte des Fürstentums Göttingen bestellt wurde. Daneben hatte er noch die Gerichtshalterstellen über Lutterbeck, Schnedinghausen und Berwartshausen zu versehen. Auch war er Lehnsverwalter der von Groteschen und Münchhausenschen Besitzungen zu Moringen.

Sein Sohn Boerries Ludewig berichtet von seinem Vater: "Seiner körperlichen Constitution nach war er stets gesund und stark, selbst bis in den Abend seines Lebens hinein, ungeschwächt, jugendlich, munter und gewandt, Seine ordentliche und mäßige Lebensart trug hierzu sehr vieles bey. Mehr corpulent als mager, groß von Statur, in Stellung und Gange dem Körper eine richtige Haltung gebend, flößte selbst sein ganzes Äußeres Achtung ein und bezeichnete seine Würde - Hochachtung und Ehrfurcht war daher auch der Zoll, den ihm nicht bloß seine Familie, sondern jeder, der ihn kannte, gern und unvermerkt darbrachte. - Fast 73 Jahre hindurch, die er hienieden wallte, war er ein seltenes Beyspiel von Ordnungsliebe in Geschäften, Arbeitsamkeit, Dexterität und vielen anderen staatsbürgerlichen Tugenden. Kein Geschäft, das heute verrichtet werden konnte, wurde auf morgen verschoben, und so war es ihm möglich, alle seine mannigfaltigen Arbeiten als landschaftlicher Deputierter, als Bürgermeister, als Justitiar, als Lehnsverwalter und zu Zeiten auch, wenigstens in den früheren Jahren, als Advocat, ganz zu verrichten und keines davon unvollendet zu lassen, ja selbst sogar manche Stunde seiner Erholung seinen Freunden und seiner Familie zu widmen. Zum obrigkeitlichen Posten schien er ganz von der Natur bestimmt zu sein. Wenn er als Bürgermeister zu Gerichte saß oder sonst in dieser Eigenschaft mit irgendeinem zu thun hatte, dann war er ganz Ernst und Würde, und sein ganzes Benehmen bezeichnete einen Mann, dem es um das Ansehen der Gesetze, um Gerechtigkeit und glücklichen Wohlstand der Bürgerschaft zu thun sey. - Sein Tod erscholl daher auch wie ein Wetterschlag unter seinen Bürgern, und nur die dumpfe Stimme der Trauer klagte über ihren Verlust."

Eine wirksame Unterstützung erhielt Johann Gabriel Domeier durch den Moringer Landdrost (Amtmann) Boerries von Münchhausen, der sich besonders nach dem großen Brande 1734 und durch die Gründung des Waisenhauses um die Stadt Moringen verdient machte. der tatkräftige Landdrost suchte auch die Ansiedlung von Manufakturbetrieben in der Stadt Moringen zu fördern. Der Bürgermeister Domeier wünschte dies nicht weniger als der Amtmann, schätzte aber die Möglichkeiten seiner Stadt klar ein und ließ sich nicht zu unüberlegtem Handeln verleiten.

Neben seiner dienstlichen Tätigkeit fand Johann Gabriel Domeier noch Zeit, seine vielfachen wissenschaftlichen Neigungen zu verfolgen. Für die Heimatgeschichte sind besonders seine Chroniken der Städte Moringen und Hardegsen zu erwähnen. Bereits im Jahre 1753 verfasste er die "Geschichte der churf. Braunschw. Lüneb. Stadt Moringen und des umliegenden Amts dieses Namens aus archivarischen Nachrichten verfasset". Noch zu seinen Lebzeiten erschien hiervon 1786 eine verbesserte Auflage. Im Jahre 1771 wurde die "Geschichte der Stadt Hardegsen und des umliegenden Amts" gedruckt, die im Jahre 1813 von seinem Sohn Boerries Ludewig als "Topographie der Stadt Hardegsen" neu herausgegeben wurde.

Die Vielseitigkeit Johann Gabriel Domeiers geht aus den Titeln seiner Schriften hervor. Von Geschichtsbeschreibungen bis zur Erforschung der wendischen Sprache, von Betrachtungen des römischen Rechts über deutsche Sprachregelungen bis zu Baubeschreibungen und Getreidepreisen in Moringen von 1610 bis 1737 reichte sein Arbeitsfeld. Mancher Titel mutet uns heute sonderbar an. So: "Sprachanmerkungen über die alten deutschen Namen Ingen, ingleichen über die Wörter spazieren, waden, Lücke und Wesen. Woher das Wort Pantoffel seinen Ursprung habe und was der Evenmaent für ein Monat sey". Wer der erste Quäker in England war, beschäftigte ihn ebenso wie die Frage, wann und wo das erste ordentliche Schreibpapier erfunden worden sei.

Am 28. Januar 1751 hatte Johann Gabriel Domeier die Tochter eines Hausverwalters und Licenteinnehmers in Moringen geheiratet. Aus der Ehe mit Sophie Schäffer gingen zehn Kinder - sieben Söhne und drei Töchter - hervor. Teilweise erbten seine Söhne die schriftstellerische Begabung ihres Vaters. So Boerries Ludewig, der sich als Erzieher der Hofpagen in Hannover unbeliebt gemacht hatte, da er sich mit der Affaire der „Prinzessin von Ahlden“ und dem Grafen von Königsmarck befasste und deshalb als Pastor nach Hardegsen in die Heimat seiner Vorfahren strafversetzt wurde.

Besonders zu erwähnen ist der 1763 in Moringen geborene Sohn Wilhelm Friedrich. Er wurde Arzt, empfing in Hannover den Charakter eines Hofmedicus und begleitete 1792 den englischen Prinzen und späteren König Ernst August von Hannover auf einer Italienreise und starb 1815 in London. Er beschäftigte sich mit verschiedenen ärztlichen Fragen, so mit der Pockenimpfung und der Mineralquelle zu Bad Nenndorf. Ferner übersetzte er verschiedene englische Werke über die Tierheilkunde. Bemerkenswert ist die Beschreibung der "Nachricht von einem in Nordamerika gefundenen vollständigen Gerippe eines Vierfüßlers bisher häufig Mammoth oder Mammut genannt".

Der 1770 geborene Johann Georg bewarb sich 1790 um die freie Senatorenstelle in der Stadt Hardegsen und hätte der vierte Bürgermeister der Familie Domeier werden können, wenn er nicht wegen seiner Jugend abgelehnt worden wäre. Er bewährte sich später als Bürgermeister der Stadt Münder am Deister und als Oberkommissar (Oberbürgermeister) in Hameln. Der jüngste Sohn Carl Gabriel wurde Landessyndicus in Stade.

Nach einem arbeitsreichen Leben starb Johann Gabriel Domeier am 24. Januar 1790 in Hannover, wo er zur Teilnahme an den Sitzungen des Calenbergischen Landtages weilte. Am 30. Januar wurde er auf dem Aegidienfriedhof zu Hannover zur letzten Ruhe beigesetzt. Am Rande des alten Martinifriedhofs in Moringen, der letzten Ruhestätte seiner Gattin, errichteten die Kinder im Jahre 1803 ein Denkmal mit folgender Inschrift:

"1803 H. C. P. Denkmal Weiland des weil. Herr J. G. Domeier gewesenen hiesigen 24-jaehrigen Bürgermeister und landschaftl. Deputierten, geb. zu Barten in Preußen d. 25. Apr. 1717, gest. zu Hannover d. 24. Jan. 1790 und seiner gewesenen 38-jährigen Gattin Sophia geb. Schaefer, geb. zu Moringen d. 23. Jan. 1733, gest. hieselbst d. 25. Febr. 1789.

Nicht ihre Seelen, nur ihre Hüllen sind getrennt. Wenn Menschen lieben Uebung jeder Pflicht, wovon ein Monument, das Kinder setzten, der edlen Lob erzeugen; so stirbt, wenn schon dies Grabmal schweigt, noch lang ihr Andenken nicht!“

Ludwig Simon, Hannover


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