Moringer Geschichte(n) - Moringer Familien

Landdrost v. Münchhausen

Artikel in der "Moringer Zeitung" v. 11. 11. 67:
Die starke Hand des
Landdrosten v. Münchhausen
Turbulente Jahre des Wiederaufbaus von Moringen nach dem großen Brand

M o r i n g e n - Zur Zeit des großen Brandes unserer Stadt, im Jahre 1734, war der Freiherr Börries von Münchhausen Landdrost in Moringen, also der Königliche Beamte, der das Amt Moringen verwaltete. Es gab damals mithin hier zwei Verwaltungsorgane, den Magistrat und das Amt, was zu allerlei Kompetenzschwierigkeiten führte.

Apotheker Theodor Meyer bemerkt dazu in seiner so aufschlussreichen Schrift von 1888: „... Ebenso traurig war es aber mit der Verwaltung bestellt. Zwar hatte die Stadt wie andere größere Städte einen Magistrat und ein selbständiges Stadtgericht und Gemeinheitsmeister (Bürgervorsteher), aber die Competenz des Magistrats war auf kaum ein Drittel des heutigen Stadtgebietes beschränkt, indem die Domäne, zwei adelige Güter, die Besitzungen anderer adeliger Familien und der Klosterkammer, die Gebiete von fünf Wüstungen, welche sogar eigene Bauermeister führten, schließlich eine ganze Reihe von Wohnhäusern in der Stadt sowie auswärts liegende Mühlen der Rechtsprechung des Stadtgerichts entzogen und dem Königlichen Amt unterstellt waren. Dazu hüteten die Gemeinheitsmeister und Gildevorstände ihre einseitigen Interessen der Gesamtstadt so peinlich genau, dass an ein Aufblühen eines kräftigen Gemeinwesens nicht zu denken war. Competenzconflicte und Processe hörten nicht auf, der stattliche Wald wurde nach Belieben geplündert, die Einkünfte der Cämmerei waren auf ein Minimum zurückgeführt, alle städtischen Beamte bezüglich ihrer Besoldung auf Sporteln (Gebühr für Amtshandlungen) und Naturalbezüge angewiesen.“

So sah es also neben dem traurigen baulichen Zustand in Moringen aus, als am 23. Mai 1734 der große Brand ausbrach und Moringen wieder neu aufgebaut werden msste. Der Landdrost von Münchhausen hatte sich bei Ausbruch des Brandes tatkräftig in die Lösch- und Rettungsaktionen eingeschaltet. Er setzte sich mit der Königlichen Regierung in Hannover sofort in Verbindung, sorgte für die Unterbringung der Obdachlosen in der Nachbarschaft, d. h. in den Nachbarorten, und sorgte für die Verpflegung. Die Königliche Regierung ernannte sofort eine Baukommission mit dem Landdrosten an der Spitze, und der Kommission waren genaue Richtlinien für den Wiederaufbau vorgeschrieben.

Diese Richtlinien zum Besten der Stadt durchzuführen, bedurfte es einer starken Hand gegen die zahlreichen Widerstände, die sich aus den vielen Meinungen und Wünschen der Bürger ergaben. Börries von Münchhausen hat es verstanden, unnachgiebig alle Widerstände zu überwinden und hat dabei viel persönliche Opfer gebracht. Th. Meyer schreibt: "Es kam demselben (Moringen) dabei als günstiger Zufall zustatten, dass der damals an der Spitze des Amtes stehende Drost Börries von Münchhausen eine Persönlichkeit war, wie sie geeigneter kaum zu finden gewesen wäre. - Es hat sich in Betreff seiner Amtsthätigkeit hierorts ein förmlicher Sagenkreis gebildet, der dieselbe im allgemeinen ungünstig darstellt; wer jedoch an Hand der Acten, die Zeitverhältnisse und die Persönlichkeiten genau studirt hat, kann nur bedauern, dass sich überhaupt bis zum heutigen Tage derartige Vorstellungen haben erhalten können."

Der Drost musste der Regierung berichten, dass die an sich längst verbotenen Strohdächer zur Ausbreitung des Brandes beitrugen. Die Regierung wollte anfänglich sogar den Rat der Stadt bestrafen, weil er „in Betreff der Strohdächer“ so nachlässig gewesen war, hat dann aber davon abgesehen, doch verlangt, vielmehr befohlen, dass „bei Vermeidung der Execution sämtliche noch vorhandenen Strohdächer bis zum Frühjahr 1735 beseitigt werden“. Im Herbst 1736 muss der Drost jedoch berichten, dass die Strohdächer auf den verschont gebliebenen Gebäuden noch nicht beseitigt sind.

"Die Königliche Regierung beauftragte darauf den Amtmann Schlemme in Harste, den Zustand der fraglichen Gebäude zu untersuchen. Der Bericht desselben förderte solche haarsträubenden Dinge zutage, dass die Königliche Regierung am 10. Januar 1737 den Befehl erließ, nach Ablauf einer dreimonatigen Frist 13 Häusern zunächst die Strohdächer und - falls diese Maßregeln die betreffenden Hausbesitzer nicht zum Abbruch ihrer baufälligen Häuser veranlassen sollte - die Gebäude selbst niederzureißen. Von dieser am 7. Mai 1737 vollstreckten Maßregel wurden ein Haus in dem alten Teil der Mannenstraße, fünf Häuser hinter der Kirche und sieben an der ehemaligen Büchenstraße betroffen.

Der Wiederaufbau erfolgte ja nach einem neuen Plan, und die alten Baustellen konnten nicht genau wieder benutzt werden. Das gab viel Beschwerden und Streitigkeiten. Die Königliche Regierung befahl aber, dass „der Bau durch die commissionsseitig gemeldeten Streitpunkte nicht aufgehalten werden solle, vielmehr erwarte dieselbe von der Bürgerschaft, dass sich Letztere den zu ihrem Wohle regierungsseitig getroffenen oder noch zu erlassenden Anordnungen willig fügen werde, andernfalls werden die Widerspenstigen, namentlich die Rädelsführer Bäcker Tolle und Bader Oppermann Gefängnißstrafen zu gewärtigen haben."

Als erwogen wurde, das Pfarrhaus an eine andere Stelle zu setzen, war es wieder einmal geschehen. In einem alten Bericht heißt es: "Unglücklicherweise war diese Stelle aber gerade die alte Baustelle des größten Spectakelmachers Bäcker Tolle. Kaum daß dieser von dem Plane erfahren hatte, reiste derselbe, nachdem eine Beschwerdeschrift unbeantwortet geblieben war, nach hannover und wußte, von seinem als Hof-Fourier angestellten Schwager unterstützt, die Commission derart anzuschwärzen, daß die letztere selbst darum bat, man möge regierungsseitig die Streitfrage durch einen auswärtigen Beamten untersuchen lassen."

Natürlich war das Geld für den Wiederaufbau Moringens mehr als knapp, und außer vielen persönlichen Geldspenden hat der Drost vielmals aus seinem Eigenbesitz Beträge vorgeschossen und sie erst viele Jahre später wieder eingezogen. 1747 wurde der Drost von seinem Amt in der Kommission entbunden und ihm von der Königlichen Regierung die gnädigste Anerkennung dafür ausgesprochen, dass er diese beschwerliche Arbeit nicht nur unentgeltlich geleistet, sondern zum Gelingen derselben aus eigenen Mitteln noch so bedeutende Zuschüsse geleistet habe. Nun hatte der Drost aber noch ausstehende Königl. Vorschußgelder einzutreiben, doch stand ihm zur "Execution" kein Recht mehr zur Seite, weil jetzt innerhalb der städtischen Ringmauern nur noch der Magistrat befugt war.

Als nun der Drost, um dem Befehl seiner Regierung nachzukommen, den säumigen Zahlern 1748 mit Exekution drohte, verwahrte sich der damals neugewählte Bürgermeister Domeier dagegen, nannte es einen "eclatanten Eingriff in die städtischen Rechte", warnte ihn, innezuhalten, damit für ihn "kein Unheil daraus erwachse". Der Landdrost aber ließ den neuen Moringer Bürgermeister wissen, daß er am folgenden Tage mit der Einziehung der Gelder beginnen werde, "um das ihm vom Rathe dieserhalb in Aussicht gestellte Unheil kennen zu lernen".

Wo gehobelt wird, fallen Späne, heißt ein altes Sprichwort, und es wurde gehobelt in den Jahren des Wiederaufbaus nach dem Brande von 1734. Es wird wohl nie turbulentere Jahre in Moringen gegeben haben als die von 1734 bis 1750. Dass diese Jahre überwunden und gut überwunden wurden, dazu hat der energische Landdrost Börries von Münchhausen entscheidend beigetragen.


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