Moringer Geschichte(n) - Moringer Familien

Literarische Beziehungen: v. Münchhausen und Storm

Der Artikel ist dem "Heimatfreund" - Geschichte und Geschichten aus der Weperheimat - entnommen.
Beilage zur Moringer Zeitung, Nr. 10, 26. Aug. 1961
Literarische Beziehungen Moringens zu
Börries v. Münchhausen und Theodor Storm

 

Börries Freiherr v. Münchhausen Theodor Storm

Dass der Balladendichter Börries Freiherr von Münchhausen kräftige Beziehungen zu Moringen hat, ist allgemein bekannt. Sie beruhen darauf, dass der Urururgroßvater des Dichters, Börries v. M. (+ 1722), 1716 Drost in Moringen wurde. Dessen Sohn Börries v. M. (+ 1773), der Landdrost, folgte dem Vater im Amte nach und erwarb sich unvergessliche Verdienste um Moringen durch den Wiederaufbau der Stadt nach den Bränden von 1734 und 1747. Er kaufte 1739 das Stadtgut Moringen, 1759 einen Teil der Ländereien des früheren Laubingerschen Gutes im Oberdorf und 1771 das Herbstsche Gut im Oberdorf und machte dadurch diesen Zweig des alten Geschlechts in Moringen ansässig. Sein Nachfolger im Besitz wurde sein Sohn, der Oberhauptmann Börries v. M. (+ 1829); dessen Sohn, der Landschaftsrat Albrecht Friedrich v. M. (+1880) vererbte das Gut 1880 an seinen Sohn, den Kammerherrn Börries v. M. (* 1845), und dieser ist der Vater des am 20.3.1874 in Hildesheim geborenen Dichters.

Bald nach 1880 erwarb des Dichters Vater das sogenannte Königsche Haus im Oberdorf, um Tagelöhner darin unterzubringen. Es war ein altes Gutshaus, das die Familie Laubinger getrennt von den Ländereien ihres Gutes dem Lizenteinnehmer Claus verkauft hatte.

 

Hier ergibt sich nun eine andere literarische Beziehung Moringens, die weniger bekannt ist als die Börries von Münchhausens zur Stadt an der Moore, allerdings auch weniger kräftig und sichtbar. Dem Lizenteinnehmer Ernst Rudolf Claus, der 1754 das nach einem späteren Besitzer benannte Königsche Haus (Anm.: = Herrenhaus des Mühlengutes) erwarb, wurde, als er noch Lizent-Adjunkt war, am 21.10.1729 in Moringen ein Sohn Johann Casimir geboren, der am 9.9.1748 die Universität Göttingen bezog. Es passt nicht recht zu dem sechs Jahre später vorgenommenen Hauskauf des Vaters, dass sein Sohn, der stud. Theol. Claus, wegen seiner durch Zeugnis erwiesenen Armut gratis immatrikuliert wurde, doch war das eine damals gar nicht so seltene Großzügigkeit gegenüber von Söhnen von Staatsdienern, die hier wegen der noch immer nachklingenden Moringer Brandunglücke von 1734 und 1747 besonders am Platze schien. Dieser Johann Casimir Claus wurde später Pastor in Hohn (Kreis Rendsburg); sein Name wandelte sich in der neuen Heimat in Clausen; er starb in Hohn am 26.8.1796. Aus seiner Ehe mit Katharina Gude Ambders aus Buhrkall bei Tondern ging eine Tochter Maria Brigitte Caecilia hervor, die am 1.6.1781 den Erbpachtmüller Hans Storm in Westermühlen bei Hohn heiratete. Unter den sieben Kindern des Müller-Ehepaares war Johann Casimir Storm, nach seinem aus Moringen stammenden Großvater benannt; er wurde Rechtsanwalt und Notar in Husum und Justizrat, seine Frau Lucie Woldson aus Husum schenkte ihm dreizehn Kinder, von denen das älteste Theodor Storm ist, der bekannte Erzähler und Lyriker. Dieser, der die auch durch Verfilmungen weithin bekannten Novellen "Immensee" und "Der Schimmelreiter" schrieb, ist am 14.9.1816 in Husum, "der grauen Stadt am Meer" geboren - der Urenkel des Pastors Johann Casimir Claus(en), der 1729 in Moringen das Licht der Welt erblickte. Das Königsche Haus, das dessen Vater 1754 kaufte und später der Vater des ritterlichen Baladendichters Börries v. Münchhausen erwarb, hat also gleich zwei literarische Beziehungen.

Hätten die beiden Dichter davon gewusst, wäre es vielleicht dem einen Anlass zu einer Ballade, dem anderen zu einer Novelle gewesen. Sie hätten dabei nicht einmal an den Wappenstein von 1661 (Anm.: s. Bild Herrenhaus) anknüpfen müssen, obwohl der ein "Märchen" erzählt. Auf ihm steht "Johann v. Laubinger", aber das "von" ist durch keinen Adelsbrief begründet. Vermutlich ist es durch eine freundliche Geste des Steinmetzes dahingeraten und von dem auf dies seltsame Weise in den Scheinadel erhobenen Johann Laubinger schmunzelnd entgegengenommen.

Von der gemeinsamen Beziehung der Dichter zu diesem wappengeschmückten Hause wusste Theodor Storm jedenfalls nichts. Als er 1888 starb, war der Stern des Balladendichters noch nicht aufgegangen. Sicher aber hat Theodor Storm von der südhannoverschen Heimat seines Urgroßvaters gewusst; ob er Moringen auch besucht hat, um auf den Jugendpfaden des Ahnen zu wandeln, weiß ich nicht; möglich wäre es, denn Storm hat acht Jahre lang dessen Heimat ziemlich nahe gewohnt, als er 1856 bis 1864 preußischer Kreisrichter in Heiligenstadt war - ein Vertriebener, der seiner deutschen Gesinnung wegen 1853 die schleswig-holsteinische Heimat verlassen musste.

Emil Jörns


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