Moringer Geschichte(n) - Moringer Familien

Porto und Meilenzahl

Artikel in der "Moringer Zeitung" v. 19. 10. 68:
Als das Porto sich nach der
Meilenzahl richtete
Der Moringer Postspediteur konnte Bestellgeld
erheben - Aus der Chronik

M o r i n g e n • Der gewissenhafte und fleißige Chronist Wilhelm Berold, um 1900 Lehrer in Moringen, später in Goslar, mit einer Moringerin verheiratet, hat im Jahre 1915 einen längeren Artikel "Vom Verkehrswesen" geschrieben, der damals in der in Moringen gedruckten Zeitschrift "Heimatglocken" veröffentlicht war. Er ist in besonderem Hinblick auf die Moringer Verhältnisse verfasst, und wir haben ihm kürzlich schon einen Abschnitt über die Straßen entnommen.

Mit den Straßenverhältnissen stand vor dem Bau der Eisenbahn das Postwesen in engster Verbindung. Neben den "fahrenden Posten", heißt es, bestanden auf lahm und krumm gerittenen Gäulen die "reitenden", durch welche der Briefverkehr besorgt wurde. Dass Moringen nach dem 30jährigen Krieg bis zur Aufhebung des Thurn und Taxis'schen Postmonopols wöchentlich zweimal von dem Kaiserlichen "Göttingischen reuthenden Postboten" mit seiner Last von Briefen und Aktenpaketen berührt wurde, bezeugt ein "Verzeichnis, wie die Posten in der Kayserlichen Freyen und des Heil. Röm. Reichs Stadt Goslar bey dem Kayserlichen Reichspostamte daselbst abgehen und ankommen." Den Geschäftsgang regelte die Kaiserliche Postordnung vom 17. Oktober 1599 (Wien).

Der erste für Moringen bekannte Posthalter, der ein Comtoir unterhielt, schreibt Berold, war Johann Philipp Wintzenburg (176? - 1777). Gehalt bekam er wahrscheinlich nicht, sondern hatte Anteil am Porto der Postsachen, das sich nach der Meilenzahl richtete. Der Posthalter hatte alle vorkommenden Postgeschäfte zu besorgen. Ihm lag namentlich die Gestellung der Pferde und Wagen ob, er hatte zwecks dieses stets vier bis sechs Pferde zu halten. Die Vorrechte der Post und die Einzelheiten des Dienstes waren in der hannoverschen Postordnung von 1736, die im wesentlichen der von 1782 glich, aufs genaueste angegeben. Die Briefsachen von Northeim über Moringen nach Uslar wurden vor dem Baue der Chaussee von hannoverscher Seite durch eine Botenpost vermittelt. Später geschah die Verbindung für Briefsachen und Personenverkehr durch die gelbe Fahrpost mit blasendem Postillon und Postschaffner, die anfangs dreimal wöchentlich, seit dem 1. August 1846 täglich fuhr.

Die Verwaltung des Postamts in Moringen lag in der Hand des von dem Generaldirektorium in Hannover ernannten Postspediteurs, der damals ein gewisser Wedeking war. Als seine Vorgänger, die zugleich Posthalter gewesen waren, werden Kaufmann und Senator Johann Georg Meyer (1778 - 1820) und seit 1820 dessen Sohn, der Kaufmann Carl Meyer genannt. Ihm folgte ums Jahr 1852 bis 1869 der Buchbindermeister Louis Dörger. Durch Vereidigung traten die Privatpersonen in die Pflichten eines Beamten. Das jährliche Gehalt für Wahrnehmung der Geschäfte betrug zu hannoverscher Zeit 150 Taler und außerdem die erhobenen Bestellgelder als Nebeneinnahme. Als Hannover 1866 preußisch wurde, ersetzte man den Titel Postspediteur durch Postexpediteur. Das Jahresgehalt wurde infolge des volkswirtschaftlichen Gedankens auf 350 Taler erhöht unter Wegfall der Bestellgelder, welche von jetzt an in die Staatskasse flossen.

Der Ortsbestelldienst der eingehenden Sendungen, anfangs vom Wagenmeister erledigt, wurde seit 1846 vom Postspediteur durch dessen Dienstpersonal, Dienstmädchen oder Kinder, einmal täglich, nach 1872 zweimal täglich durch einen Briefträger vollzogen. Als Bestellgeld durfte damals erhoben werden: Für einen Brief jeglichen Gewichts 2 Pfennig, für einen rekommandierten (eingeschriebenen) Brief 4 Pfennig, für ein Paket oder eine Paketadresse oder Abforderungsschein für abzuhebende Gelder 6 Pfennig, für wöchentlich einmal zu bestellende Zeitungen 4 g. Groschen, für wöchentlich sechs- bis siebenmal zu bestellende Zeitungen 6 g. Groschen pro Quartal.

Auch die Landbriefbestellung kam bis 1866 durch dienende Personen des Spediteurs zur Ausführung. Folgende Ortschaften waren der Postspedition Moringen zugeteilt: Berwartshausen, Schnedinghausen, Vorwerk Holtensen, Thüdinghausen, Blankenhagen, Nienhagen, Oldenrode, Fredelsloh und Lutterbeck. Das Porto der Briefsachen richtete sich infolge des damals herrschenden fiskalisch-finanziellen Gedankens sowohl nach der Meilenzahl als auch nach der Zahl der zu passierenden Staaten. Im Jahre 1800 kostete ein Brief von Moringen nach Northeim und Göttingen acht Pfennig, nach Hannover einen guten Groschen und vier Pfennig, nach Cassel, Lüneburg und Celle zwei gute Groschen, nach Hamburg und Frankfurt am Main drei gute Groschen, nach Leipzig ebenfalls drei gute Groschen, einen für Hannover, einen für Preußen und einen für Sachsen. Charakteristisch für die Beförderungszustände in früherer Zeit war auch die vielfach bestehende Sitte, Briefe nicht zu frankieren, weil dadurch eine größere Garantie für die sichere Beförderung gewährleistet wurde. Diese Zustände wurden erst mit der Einführung der Briefmarken gebessert. Sie sind im Königreich Hannover seit dem Jahre 1850 zur Verwendung gekommen. Sie waren damals noch nicht perforiert; ihre Abtrennung geschah durch Abschneiden mit der Schere.

Der Wechsel der Landeshoheit beeinflußte auch unsere Postanstalt. Sie wurde im Jahre 1866 zum "Postamt des Norddeutschen Bundes" und dem bisherigen Postexpediteur belassen, der sein Amt 1869 freiwillig niederlegte. Forthin wurde das Postamt durch einen beruflich gebildeten Assistenten vertreten, der als Leiter den Titel Postverwalter führte. Die ersten in Moringen waren: Heinrich Seband 1870, Noelle 1870 - 1878, Friedrich Lichtenberg 1878 - 1896, Friedrich Borchers 1896/97, Otto Breunig 1897 - 1931. - Als im Jahre 1871 die Post des Norddeutschen Bundes mit der der süddeutschen Staaten zur Deutschen Reichspost vereinigt wurde (Bayern und Württemberg erhielten ein Reservatrecht), bekam auch unser Postamt die dienstliche Bezeichnung "Kaiserliches Postamt III".


Überarbeitung:

Powered by CMSimple| Template: ge-webdesign.de| html| css| Login